Geplantes Abstimmungsverhalten der SdK auf der ordentlichen Hauptversammlung am 22.07.2021



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Vorbemerkung: Es wird berücksichtigt, dass die Umstellungen durch COVID die Gesellschaft vor Herausforderungen stellt, die zunächst technisch nicht sicher umgesetzt werden können. Vor diesem Hintergrund wird eine gewisse Einschränkung der Aktionärsrechte im Vergleich zur Präsenz-HV für die Hauptversammlung 2021 akzeptiert. Wir erwarten allerdings, dass die Gesellschaft langfristig zur Präsenzhauptversammlung zurückkehrt oder, sollte dies aufgrund der Fortdauer der Krisensituation weiterhin nicht möglich sein, die Voraussetzungen schafft, um eine echte virtuelle, interaktive Hauptversammlung unter Einräumung aller Rechte wie auch in einer Präsenz-HV abzuhalten. Darüber hinaus erwarten wir von der Gesellschaft, dass diese selbst oder über angehörige Interessenverbände ihren Einfluss auf den Gesetzgeber geltend macht, dass die exzessiven Beschränkungen der Aktionärsrechte in der virtuellen HV aufgehoben und Rechte wie in einer Präsenz-HV eingeräumt werden.

 

TOP 1 Vorlage des festgestellten Jahresabschlusses, des gebilligten Konzernabschlusses, des zusammengefassten Lageberichts sowie des zusammengefassten gesonderten nichtfinanziellen Berichts des Volkswagen Konzerns und der Volkswagen Aktiengesellschaft zum 31. Dezember 2020 mit dem Bericht des Aufsichtsrats über das Geschäftsjahr 2020 und des erläuternden Berichts des Vorstands zu den Angaben nach § 289a und § 315a Handelsgesetzbuch

 

Keine Abstimmung erforderlich

 

 

TOP 2 Beschlussfassung über die Gewinnverwendung der Volkswagen Aktiengesellschaft

 

Zustimmung

 

Begründung: Die SdK fordert grundsätzlich eine Ausschüttung von 40 bis 60 Prozent des auf die Aktionäre der Gesellschaft entfallenden Konzernjahresüberschusses. Dagegen schlagen Vorstand und Aufsichtsrat eine Ausschüttung von lediglich (1,416 Mrd. Euro an die Stammaktionäre + 1,002 Mrd. Euro an die Vorzugsaktionäre =) 2,419 Mrd. Euro vor. Das entspricht einem Anteil von nur 29 Prozent des Konzernjahresüberschuss in Höhe von 8,334 Mrd. Euro. Weitere 1,609 Mrd. Euro sollen auf neue Rechnung vorgetragen werden. Dennoch stimmt die SdK dem Beschlussvorschlag ausnahmsweise zu. Grund sind die zu erwartenden Kosten zur Bewältigung des technologischen Wandels (Elektrifizierung, Digitalisierung und Vernetzung).

 

 

TOP 3 Beschlussfassung über die Entlastung der im Geschäftsjahr 2020 amtierenden Mitglieder des Vorstands für das Geschäftsjahr 2020

 

Zustimmung

 

Begründung: Zwar sind Umsatzerlöse um 11,8 Prozent bzw. 29,7 Mrd. Euro auf 222,8 Mrd. Euro gesunken und das operative Ergebnis gar um 43 Prozent bzw. 7,3 Mrd. auf 9,7 Mrd. Euro. Doch sind die Umsatz- und Ertragseinbußen nicht zuletzt durch die erheblichen Beschränkungen infolge der COVID-19-Pandemie bedingt. Neben der Bewältigung der COVID-19-Pandemie ist dem Vorstand auch die Neuausrichtung des Konzerns auf Elektrifizierung und Digitalisierung anzurechnen. Abzuwarten bleibt dagegen die weitere Aufarbeitung des Abgasbetrugs und des Abgaskartells.

 

 

TOP 4 Beschlussfassung über die Entlastung der im Geschäftsjahr 2020 amtierenden Mitglieder des Aufsichtsrats für das Geschäftsjahr 2020

 

Ablehnung

 

Begründung: Eine Entlastung der Mitglieder des Aufsichtsrats ist angesichts der unzureichenden Aufarbeitung von Abgasbetrug und Abgaskartell (vgl. dazu https://ec.europa.eu/germany/news/20210708-geldbussen-automobilhersteller_de) abzulehnen. Das gilt allein schon wegen der vorgeschlagenen Vergleiche mit den ehemaligen Vorstandsmitgliedern (vgl. TOP 10) und den D&O-Versicherern (vgl. TOP 11). Aus ihnen ist zu schließen, dass es dem Aufsichtsrat vorrangig um das Abhandeln der „Dieselthematik“ geht, statt der Aufarbeitung von Abgasbetrug und Abgaskartell. Erstens ist schon der Zeitpunkt des Vergleichsvorschlags unverständlich, angesichts der noch laufenden Strafverfahren u.a. gegen die Vergleichsparteien Herrn Prof. Dr. Winterkorn (vgl. LG Braunschweig, Az. 6 KLs 23/19, 411 Js 49032/15) und Herrn Stadler (vgl. LG München II, Az. W 5 KLs 64 Js 22724/19) und angesichts der fortdauernden Sonderprüfung bei Volkswagen (vgl. OLG Celle, Beschluss v. 08.11.2017, Az. 9 W 86/17). Dass „der Abschluss der Vergleichsvereinbarungen sowie der Verzicht gegenüber anderen Organmitgliedern […] auch vor dem Hintergrund der vom Oberlandesgericht Celle angeordneten Sonderprüfung bei Volkswagen zulässig [ist]“ (so VW AG, Einladung 2021, S. 62), ist zwar richtig, aber ungenügend, weil nicht die Zulässigkeit, sondern die Zweckmäßigkeit eines vorzeitigen Vergleichs infrage steht. Dazu hatte aber bereits das OLG Celle zutreffend bemerkt, dass „die Erkenntnisse der von der Antragsgegnerin zur Untersuchung eingesetzten Rechtsanwaltskanzlei […] eine Sonderprüfung nicht [erübrigten], weil weder vorgetragen noch ersichtlich sei, dass diese Erkenntnisse frei von Einfluss der Antragsgegnerin entstanden und formuliert sein würden, noch dass und wie sie den Aktionären der Antragsgegnerin zur Verfügung gestellt würden“ (OLG Celle, Pressemitteilung v. 08.11.2017, akt. am 09.11.2017: „Sonderprüfer bei der Volkswagen AG“, vgl. dazu auch OLG Celle, Beschl. v. 08.11.2017, Az. 9 W 86/17, unter II.2.d.). Erklärungsbedürftig ist zudem, warum mit der Beschlussfassung nicht zumindest bis zu der Abhaltung einer physischen Hauptversammlung zugewartet werden kann. Die virtuelle Hauptversammlung erscheint zur Behandlung des streitigen Gegenstands ungeeignet. Ohne Rede- und Nachfragerecht und mangels Möglichkeit zum Austausch untereinander, fehlt es an den Grundlagen für eine sachgerechte Meinungsbildung der Aktionäre. Zweitens sind auch die inhaltlichen Annahmen fragwürdig, welche den Vergleichsvorschlägen zugrunde gelegt worden sind. Dass Herr Prof. Dr. Winterkorn, Herr Stadler und andere frühere Vorstandsmitglieder keine „positive Kenntnis von einem […] Rechtsverstoß“ hatten und ihnen auch „keine Organisationspflichtverletzungen“ vorzuwerfen sind (so VW AG, Einladung 2021, S. 51 u. 52), muss bis zum Abschluss der Strafverfahren und der Sonderprüfung als zumindest unwahrscheinlich gelten, sprechen doch das „umfangreiche[ ] und teilweise detaillierte[ ] Wissen über die besonderen Herausforderungen der technischen Entwicklung von Dieselmotoren für den Markt [Nordamerika]“ (VW AG, Einladung 2021, S. 51) eher dafür. Auch wäre es mehr als bedenklich, wenn einerseits der US-amerikanische Monitor Larry Thomson – zu Recht – erklärt: „Einen zweiten Dieselskandal würde Volkswagen nicht überleben“ (zit. nach: Hage/Hesse/Hülsen, Einen zweiten Dieselskandal (…), in: spiegel.de v. 22.03.2019, 15:50 Uhr) und andererseits die Leitungsorgane der Gesellschaft kein „Organisationsverschulden“ auf oberster Ebene erkennen können. Drittens ist das Ergebnis des Vergleichs für die Gesellschaft unbefriedigend. „Für negative Sondereinflüsse im Zusammenhang mit der Dieselthematik [haben die Gesellschaft und ihre Tochtergesellschafen] insgesamt mindestens [!] EUR 32,2 Mrd. aufgewendet“ (VW AG, Einladung 2021, S. 35). Die Vergleichsvereinbarungen sehen einen Ersatz von (270,0 Mio. Euro der D&O-Versicherer (vgl. VW AG, Einladung 2021, S. 38) + 11,2 Mio. von Prof. Dr. Winterkorn (vgl. S. 23) + 4,1 Mio. Euro (S. 29) =) 285,3 Mio. Euro. Ersetzt würde folglich weniger als 1 [!] Prozent des Schadens. Auch betrüge der Eigenbetrag z.B. von Herrn Prof. Dr. Winterkorn nur rund zwei Drittel seiner jährlichen [!] Vergütung in den Jahren vor dem Bekanntwerden des Abgasbetrugs (vgl. dazu VW AG, GB 2014, S. 60: Gesamtvergütung 2014: 15,9 Mio. Euro; 2013: 15,0 Mio. Euro). Die Vergleichsvereinbarung verfehlt somit sowohl die Ausgleichs- als auch die Abschreckungsfunktion („Präventionswirkung“) des Schadensersatzrechts.

 

 

TOP 5 Wahl von Mitgliedern des Aufsichtsrats

 

Frau Dr. Louise Kiesling

 

Ablehnung

 

Begründung: Frau Dr. Louise Kiesling ist Vertreterin der Familie Porsche (vgl. dazu nur die „Nebentätigkeiten“ nach VW AG, Einladung 2021, S. 6). Die SdK erkennt das berechtigte Interesse der Mehrheitsaktionäre an, im Aufsichtsrat der Gesellschaft vertreten zu sein, fordert jedoch zugleich die Wahl einer angemessenen Zahl unabhängiger Mitglieder. Daran fehlt es bei der Volkswagen AG.

 

Herr Hans Dieter Pötsch Wolfsburg

 

Ablehnung

 

Begründung: Herr Hans Dieter Pötsch war bis Oktober 2015 Mitglied des Vorstands der Volkswagen AG. Es kann daher nicht ausgeschlossen werden, dass auch er für den Abgasbetrug verantwortlich ist. Eine unbefangene Aufarbeitung von Abgasbetrug und Abgaskartell erscheint folglich zweifelhaft. Sie gehörte jedoch zu seinen grundlegenden Pflichten als Mitglied des Aufsichtsrats der Gesellschaft. Denkbare Interessenkonflikte werden sich kaum allein dadurch vermeiden lassen, dass „Herr Pötsch zu Diskussionen und Beschlussfassungen des Aufsichtsrats, die sein Verhalten im Zusammenhang mit der Dieselthematik betreffen könnten, grundsätzlich den Sitzungsraum [verlässt]“ (so aber VW AG, Geschäftsbericht 2020, S. 16).

 

 

TOP 6 Beschlussfassung über die Billigung des Systems zur Vergütung der Vorstandsmitglieder

 

Ablehnung

 

Begründung: Das Vergütungssystem für die Vorstandsmitglieder ist aus verschiedenen Gründen abzulehnen. Beispielhaft genannt seien lediglich die Abweichungsbefugnis des Aufsichtsrats und die Altersversorgung der Vorstandsmitglieder. Nach dem Vergütungssystem behält sich der Aufsichtsrat Abweichungen insbesondere für außer- gewöhnliche Umstände vor, wie zum Beispiel eine Wirtschafts- oder Unternehmenskrise. Bei einer Wirtschaftskrise soll der Aufsichtsrat beispielsweise von den Planbedingungen des Jahresbonus und/oder des Performance Share Plan abweichen können. Eine Abweichung mag im Einzelfall berechtigt sein; entscheiden sollte darüber aber die Hauptversammlung. Angesichts der „eigentümerähnlichen“ Stellung der Vorstände verbietet sich ein „jährlicher Versorgungsbeitrag von 40 % bzw. 50 % des vertraglich vereinbarten Grundgehalts“.

 

 

TOP 7 Beschlussfassung über die Bestätigung der Vergütung und über das Vergütungssystem für die Mitglieder des Aufsichtsrats

 

Zustimmung

 

Begründung: Gegen das Vergütungssystem für die Aufsichtsratsmitglieder bestehen keine Einwände.

 

 

TOP 8 Beschlussfassung über die Änderung von § 23 der Satzung der Volkswagen Aktiengesellschaft (Ausübung der Stimmrechte durch Briefwahl)

 

Zustimmung

 

Begründung: Gegen die Satzungsänderung zur Ausübung der Stimmrechte durch Briefwahl bestehen keine Einwände.

 

 

TOP 9 Beschlussfassung über die Änderung von § 27 der Satzung der Volkswagen Aktiengesellschaft (Abschlagsdividende)

 

Zustimmung

 

Begründung: Gegen die Satzungsänderung zur Abschlagsdividende bestehen keine Einwände.

 

 

TOP 10 Beschlussfassungen über die Zustimmung zu Vergleichsvereinbarungen mit dem ehemaligen Vorsitzenden des Vorstands, Professor Dr. Martin Winterkorn, und dem ehemaligen Mitglied des Vorstands, Rupert Stadler

 

Ablehnung

 

Begründung: Die Vergleichsvereinbarungen zu TOP 10 und TOP 11 widersprechen den Interessen der Gesellschaft und ihrer Aktionäre (zur Begründung vgl. bereits TOP 4). Die SdK empfiehlt daher, erstens gegen die Beschlussvorschlag zu TOP 10 und TOP 11 zu stimmen und zweitens Widerspruch zur Niederschrift gegen die Beschlussfassungen zu TOP 10 und TOP 11 einzulegen. Hintergrund ist, dass die Vergleichsvereinbarungen nur wirksam werden, wenn „keine Minderheit, deren Anteile zusammen den zehnten Teil des Grundkapitals der jeweiligen Gesellschaft erreichen, gegen die Beschlussfassung Widerspruch zur Niederschrift erhebt (§ 93 Abs. 4 S. 3 AktG)" (VW AG, Einladung 2021, S. 26).

 

 

TOP 11 Beschlussfassung über die Zustimmung zu einer Vergleichsvereinbarung mit den D&O-Versicherern der Volkswagen Aktiengesellschaft

 

Ablehnung

 

Begründung: Die Vergleichsvereinbarungen zu TOP 10 und TOP 11 widersprechen den Interessen der Gesellschaft und ihrer Aktionäre (zur Begründung vgl. bereits TOP 4). Die SdK empfiehlt daher, erstens gegen die Beschlussvorschlag zu TOP 10 und TOP 11 zu stimmen und zweitens Widerspruch zur Niederschrift gegen die Beschlussfassungen zu TOP 10 und TOP 11 einzulegen. Hintergrund ist, dass die Vergleichsvereinbarungen nur wirksam werden, wenn „keine Minderheit, deren Anteile zusammen den zehnten Teil des Grundkapitals der jeweiligen Gesellschaft erreichen, gegen die Beschlussfassung Widerspruch zur Niederschrift erhebt (§ 93 Abs. 4 S. 3 AktG)" (VW AG, Einladung 2021, S. 26).

 

 

TOP 12 Beschlussfassung über die Bestellung des Abschlussprüfers und Konzernabschlussprüfers sowie des Prüfers für Konzernzwischenabschlüsse und Zwischenlageberichte

 

Ablehnung

 

Begründung: Die SdK hat Zweifel an der Geeignetheit der Ernst & Young (EY) als Abschlussprüfer. Die Zweifel gründen auf der Entwicklung bei der Wirecard AG. Deren Abschlüsse hatte EY seit dem Jahr 2009 geprüft – und bestätigt hat, ohne das Fehlen von Bankguthaben auf Treuhandkonten in Höhe von 1,9 Milliarden Euro zu bemerken. Dabei gehört die Überprüfung von Bankguthaben noch zu den „eher leichteren Aufgaben eines Abschlussprüfers“ (SdK, Pressemeldung v. 26.03.2020, https://sdk.org/veroeffentlichungen/pressemitteilungen/sdk-stellt-strafanzeige-gegen-abschlusspruefer-der-wirecard-ag/). Das Vorgehen ist umso unverständlicher, als seit längerer Zeit Zweifel an der Bilanzierung der Wirecard AG bestanden. Einer Wahl von EY zum Abschlussprüfer wird die SdK daher grundsätzlich erst wieder nach einer Aufklärung der Ursachen und der Beseitigung der Missstände zustimmen.

 

Hinweis: Auf der Hauptversammlung kann aus sachlichen Gründen gemäß den gesetzlichen Bestimmungen von oben genanntem Abstimmungsverhalten abgewichen werden.

 



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Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger e.V.