Geplantes Abstimmungsverhalten der SdK auf der ordentlichen Hauptversammlung am 27.05.2021



Firmendetails anzeigen





 Dieses Dokument ausdrucken



Vorbemerkung: Es wird berücksichtigt, dass die Umstellungen durch COVID die Gesellschaft vor Herausforderungen stellt, die zunächst technisch nicht sicher umgesetzt werden können. Vor diesem Hintergrund wird eine gewisse Einschränkung der Aktionärsrechte im Vergleich zur Präsenz-HV für die Hauptversammlung 2021 akzeptiert. Wir erwarten allerdings, dass die Gesellschaft langfristig zur Präsenzhauptversammlung zurückkehrt oder, sollte dies aufgrund der Fortdauer der Krisensituation weiterhin nicht möglich sein, die Voraussetzungen schafft, um eine echte virtuelle, interaktive Hauptversammlung unter Einräumung aller Rechte wie auch in einer Präsenz-HV abzuhalten. Darüber hinaus erwarten wir von der Gesellschaft, dass diese selbst oder über angehörige Interessenverbände ihren Einfluss auf den Gesetzgeber geltend macht, dass die exzessiven Beschränkungen der Aktionärsrechte in der virtuellen HV aufgehoben und Rechte wie in einer Präsenz-HV eingeräumt werden.

 

 

TOP 1 Vorlage des festgestellten Jahresabschlusses der adesso SE und des gebilligten Konzernabschlusses zum 31. Dezember 2020 sowie des zusammengefassten Lageberichts für die adesso SE und den Konzern (inkl. des erläuternden Berichts zu den Angaben nach §§ 289a, 315a HGB) sowie des Berichts des Aufsichtsrats für das Geschäftsjahr 2020

 

Keine Abstimmung erforderlich

 

 

TOP 2 Beschlussfassung über die Verwendung des Bilanzgewinns

 

Abstimmungsverhalten:Ja

 

Begründung:Die vorgeschlagene Ausschüttungssumme macht rund 15 % des Konzernjahresüberschusses aus. Damit liegt die Ausschüttungsquote deutlich unter der von der SdK grundsätzlich empfohlenen Bandbreite zwischen 40 und 60 %. Unter unternehmensspezifischer Betrachtung der enormen Wachstumsraten - der Vorstand rechnet für das laufende Jahr mit einem Umsatzwachstum von rund 15 % und einem EBITDA-Wachstum von rund 48 % - scheint der Vorschlag der Verwaltung jedoch tragbar.

 

 

TOP 3 Beschlussfassung über die Entlastung des Vorstands für das Geschäftsjahr 2020

 

Abstimmungsverhalten:Ja

 

Begründung:Die Gesellschaft schaut auf ein sehr erfolgreiches Geschäftsjahr zurück. Der Umsatz konnte trotz zunächst erheblicher negativer Auswirkungen durch die Corona-Krise auf Gesamtjahressicht um 16 % und der Konzernjahresüberschuss um 20 % gesteigert werden. Für das laufende Geschäftsjahr wird ein ähnliches Umsatzwachstum und sogar ein deutlicher Profitabilitätsanstieg auf hohem Niveau erwartet. Positiv hervorzuheben sind auch die zahlreichen Auszeichnungen als Top-Arbeitgeber.

 

 

TOP 4 Beschlussfassung über die Entlastung des Aufsichtsrats für das Geschäftsjahr 2020

 

Abstimmungsverhalten:Nein

 

Begründung:Laut dem Aufsichtsratsbericht ist das Kontrollgremium seinen gesetzlichen Pflichten im Zuge von vier Sitzungen nachgekommen. Leider ist die gelebte Corporate Governance aber erschreckend: Kein Kompetenzprofil, keine Ziele der Zusammensetzung, kein Hinweisgebersystem, keine Altersgrenze, keine Ausschussbildung, keine Tagung ohne Vorstand, keine Veröffentlichung unterjähriger Finanzinformationen und eine dubiose variable Vergütung der Aufsichtsratsmitglieder. Für ein Unternehmen in der Größe von adesso mit einer Marktkapitalisierung von über 700 Mio. Euro ist das deutlich zu wenig. Bis ein klarer Wille vom Aufsichtsrat und erste Schritte zur Verbesserung der Corporate Governance ersichtlich sind, wird die Entlastung verweigert.

 

 

TOP 5 Wahl des Abschlussprüfers und Konzernabschlussprüfers für das Geschäftsjahr 2021

 

Abstimmungsverhalten:Nein

 

Begründung:Aus Sicht der SdK erfüllt die Ernst & Young GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft (EY) nicht die nötigen Qualitätskriterien, um als Abschlussprüfer der Gesellschaft tätig zu werden. Dies ist nach Einschätzung der SdK im Fall Wirecard und der darauffolgenden politischen Aufarbeitung der Vorgänge deutlich geworden. EY war von den Aktionären der Wirecard AG für die Geschäftsjahre 2009 bis 2019 zum Abschlussprüfer bestellt worden. Schon seit dem Jahr 2008 gab es gegen die Wirecard AG den Verdacht der Geldwäsche und der unrichtigen Bilanzierung. Spätestens seit dem Jahr 2015 gab es umfangreiche Medienberichterstattung über Unstimmigkeiten in Bezug auf das Asiengeschäft der Wirecard AG. Auch wesentliche Finanzkennziffern der Wirecard AG wiesen deutliche Abweichungen von denen vergleichbarer Konkurrenzunternehmen auf und waren auch bezüglich einiger relevanter Punkte zu keinem Zeitpunkt nachvollziehbar. EY hat trotz dieser Medienberichterstattung und der Auffälligkeiten sämtlichen Jahres- und Konzernjahresabschlüsse der Wirecard im Zeitraum von 2009 bis 2018 ein uneingeschränktes Testat erteilt. Dabei hat es EY nicht für nötig erachtet, direkt bei den kontoführenden Banken Saldenbestätigungen für die Treuhandgelder der Wirecard einzuholen, auf denen zuletzt rund 1,9 Mrd. Euro gelegen haben. Nach Berechnungen der SdK machten die nicht vorhandenen Treuhandgelder zum 31.12.2018 rund 15 % (!) der Konzernbilanzsumme aus. Die Eignung des jeweiligen Treuhänders zur Verwaltung dreistelliger Mio. Euro Beträge wurde offensichtlich dabei auch nicht hinreichend geprüft. Sicherlich können auch bei einer komplexen Abschlussprüfung Fehler passieren. Dass diese sich jedoch über mehrere Jahre und bei einem Vermögenswert passieren, der für die Unternehmensbilanz von hoher Relevanz ist, können wir nicht nachvollziehen. Viel schwerer wiegt jedoch, dass EY, nach eigener Angabe vor dem politischen Untersuchungsausschuss, auch heute noch die Prüfung von Treuhandkonten anhand von bei den Banken direkt einzuholenden Saldenbestätigungen als nicht vorgeschrieben respektive als nicht vom Prüfungsstandard gefordert ansieht. Ferner hat EY im Fall Wirecard im Jahr 2017, trotz Hinweisen eines Mitarbeiters auf Unregelmäßigkeiten bei einer Übernahme, am 5. April 2017 den Jahresabschluss 2016 testiert, obwohl zuvor am 29. März 2017 bereits mit einem eingeschränkten Testat gedroht wurde, sofern nicht weitere Fragen beantwortet würden. Eine Klärung der damals noch offenen Fragen erfolgte augenscheinlich nicht. Dennoch hat EY ein uneingeschränktes Testat erteilt. Dies hat auch die Aufsichtsbehörde APAS zum Anlass genommen, Strafanzeige gegen Wirtschaftsprüfer von EY zu stellen. Die SdK ist schockiert über das an den Tag gelegte Prüfungsverständnis von EY. Da bislang auch auf Nachfrage der SdK keine Klarstellung von Seiten EYs zur deren Prüfungspraxis erfolgte, kann aus Sicht der SdK kein weiteres Prüfungsmandat mehr an EY vergeben werden, so lange EY hier nicht grundlegende Änderungen in Bezug auf die Prüfungspraxis zusagt. Die Selbsteinschätzung von EY, wonach man selbst den groß angelegten Betrug durch/bei Wirecard – wohl durch Nichterteilung des Testats für das Jahr 2019 – aufgedeckt haben soll, zeugt nach Einschätzung der SdK von erheblicher Realitätsferne und verspottet die durch die Insolvenz der Wirecard AG geschädigten Stakeholder.

 

 

TOP 6 Billigung des Systems zur Vergütung der Vorstandsmitglieder

 

Abstimmungsverhalten:Nein

 

Begründung:Das vom Aufsichtsrat erstellte und zum Beschluss vorgelegte Vorstandsvergütungssystem ist leider über weite Strecken mangelhaft. Vor allem ist die einjährige variable Vergütung zu bemängeln, die deutlich höher als die mehrjährige variable Vergütung liegt und bis zu 41 % der Gesamtvergütung ausmachen kann. Die finanziellen Ziele werden zudem "aus Vertraulichkeitsgründen" nicht genannt. Weiter fallen die umfangreichen Nebenleistungen und Zahlungen zur Altersvorsorge auf. Von einem unternehmerisch denkenden Vorstand sollte man erwarten können, sich bei der Höhe des Gehaltes selbst um seine Altersvorsorge zu kümmern.

 

 

TOP 7 Beschlussfassung über die Bestätigung der Aufsichtsratsvergütung und Beschlussfassung über das Vergütungssystem für die Aufsichtsratsmitglieder

 

Abstimmungsverhalten:Nein

 

Begründung:Einmal mehr möchte sich der Aufsichtsrat eine variable Vergütung in Höhe von 0,275 % des Bilanzgewinns der Gesellschaft, vermindert um einen Betrag von 4 % der auf das Grundkapital geleisteten Einlagen, gewähren lassen. Das passt ganz gut in das Bild, was der Aufsichtsrat in Sachen Corporate Governance von sich gibt. Die primäre Aufgabe der Aufsichtsratsmitglieder sollte die Kontrolle und Aufsicht sein und nicht die Abbildung eines erlauchten Beratergremiums.

 

 

Hinweis: Auf der Hauptversammlung kann aus sachlichen Gründen gemäß den gesetzlichen Bestimmungen von oben genanntem Abstimmungsverhalten abgewichen werden.



 Dieses Dokument ausdrucken


Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger e.V.