HV der Infineon AG am 21.01.2005
Voraussichtliches Abstimmungsverhalten der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger e.V. (SdK)
TOP 2: Entlastung des Vorstands
Entscheidet man diese Frage nach der für die Aktionäre geschaffenen Leistung so sind nach dem erstmals wieder ausgewiesenen, geringen Gewinn folgende weiteren Überlegungen einzubeziehen.
Der Gewinn in einem Boomjahr hätte wesentlich höher, und zwar um ca. O,5 Mrd. €, ausfallen können und müssen. Grund für die vergleichsweise geringe Ergebnisverbesserung ist einmal ein Zeitverlust bei der Einführung effizienterer Produktionstechnik im Vergleich zur Konkurrenz und seit mindestens 2 Jahren das Unvermögen im Speicherchipbereich vom Markt mit höheren Preisen nachgefragte Chipvarianten anzubieten.
Gleichzeitig hatte vermutlich der Streit im Vorstand auch negative Auswirkungen auf die Geschäftstätigkeit, ein Streit der auch zu Lasten der Aktionäre geht.
Der Vorstand hat ebenfalls die Kartellverstöße zu verantworten, die das Unternehmensergebnis mit ca. 200 Mio. € belasten sowie die inzwischen fast komplette Abschreibung der in 2001 akquirierten Firma Catamaran Inc.
Damit bleibt das Unternehmen im Ergebnisniveau wesentlich niedriger als es bei fehlerloser Leistung hätte sein können. Der Börsenkurs reflektierte die Leistung sowie die Erwartungen mit einem Rückgang um 27 %. Aus diesen Gründen ist bei Anwendung eines streng Leistung bezogenen Maßstabs ein Verweigern der Entlastung vertretbar.
TOP 3: Entlastung des Aufsichtsrats
Der Aufsichtsrat hat mit der Bestellung des neuen Vorstandsvorsitzenden und der Bestellung einer Führungskraft aus dem asiatischen Markt zum Vorstand vermutlich 2 gute Personalentscheidungen getroffen.
Andererseits hat der Aufsichtsrat den von Aktionären auf der vorjährigen Haupt-
versammlung vorgetragenen Wunsch auf Aussetzung eines ungerechten Aktienoptionsplans, die Zurückverlagerung von Bestellung- und Vergütungsfragen des Vorstands vom Ausschuss in den Gesamtaufsichtsrat und den Ausweis der individuellen Vergütung von Vorstands- und Aufsichtsratsvergütungen wie es der Corporate Governance Kodex empfiehlt, nicht umgesetzt.
Zusätzlich schlägt der Aufsichtsrat eine Satzungsänderung bezüglich der Treuepflicht der Aktionäre vor, die in ihrer Unausgewogenheit gegen die Interessen der Eigentümer des Unternehmens gerichtet ist. Wenn man als Vorstand bzw. Aufsichtsrat den Eigentümern einen Buchverlust an Eigenkapital von 2 Mrd. € zufügt, ist es verwerflich, eine Treuepflicht von den Eigentümern zu fordern. Hier steht der Vorstand und der AR mit seinen Verlustgeschäften, Gesetzesverstößen und Streitigkeiten in einer Treue- und Leistungspflicht. Eine Umlenkung des Problems auf die Eigentümer ist nicht akzeptabel.
Im Saldo der Überlegungen sollte der Aufsichtsrat nicht entlastet werden.
TOP 4: Bestellung des Abschlussprüfers für das Geschäftsjahr 2004/ 5
Das Unternehmen KPMG prüft Infineon bereits über eine zu lange Zeit. Wegen den aktuellen Veränderungen ist aber zusätzlich noch ein Wechsel des Wirtschaftsprüfers nicht sinnvoll. Dem Vorschlag wird zugestimmt.
TOP 5: Wahlen zum Aufsichtsrat
Die SdK befürwortet einen Teil der vorgeschlagenen Kandidaten. Andere Kandidaten werden jedoch nicht für vorteilhaft für das Unternehmen erachtet, ungeachtet ihrer Fachkenntnisse im jeweiligen Beruf, ihrer persönlichen Integrität und Wertschätzung.
Die SdK beantragt deshalb Einzelabstimmung.
Wir schlagen vor, folgende Kandidaten nicht zuwählen.
1.
Herr Kley, ehemaliger Finanzvorstand der BASF ist zusammen mit dem ehemaligen Vorstandsvorsitzenden Dr. Strube im Jahr 2004 in den Aufsichtsrat der BASF aufgerückt. Dr. Strube ist nun Aufsichtsratsvorsitzender und Herr Kley Vorsitzender des Prüfungsausschusses. In ihrer aktiven Zeit haben sie ein 10 Jahre andauerndes Kartell bei Vitaminen mit den 11 größten Wettbewerbern weltweit nicht erkannt oder geduldet und nachdem es in den USA bereits verfolgt wurde, in Europa trotzdem fortgeführt. ( Bericht der EU Kommission) Dem Unternehmen BASF und damit seinen Eigentümern ist damit ein Schaden von ca. 1.2 Mrd. € entstanden.
Nachdem der BASF in dieser Sache aktuell noch einmal eine Strafe von 35 Mio. € auferlegt wurde, könnte der Aufsichtsrat von BASF pflichtgemäß auf die Idee kommen zu prüfen, wer im Vorstand dafür verantwortlich war. Aufgrund ihrer Position im AR könnten die beiden Herren eine für Sie möglicherweise unangenehme Untersuchung verhindern.
Gleichzeitig ist Herr Kley in den Aufsichtsräten fast aller deutschen Gesellschaften vertreten, die gegen Kartellgesetze verstoßen haben, wie SGL Carbon, Dykerhoff Zement und jetzt auch Infineon.
Mit den vorgeschlagenen Kandidaten zur Wahl des Aufsichtsrats versucht Herr Kley offensichtlich sich eine Hausmacht von befreundeten und abhängigen Personen aufzubauen. Es werden nicht die fachlich für diese Aufgabe
besten Personen vorgeschlagen wie es im Interesse der Aktionäre wäre. Ich denke wir sollten niemand in unser Aufsichtsgremium berufen, der nur Macht ausüben will.
Gerade jetzt, wo ein Konkurrent mit einem Investitionsprogramm von 18 Mrd.$ droht, eine Größenordnung bei der Infineon nicht mithalten kann, ist ein fachlich versierter und unabhängiger Aufsichtsrat für unser Unternehmen lebenswichtig.
Weiter zieht Herr Kley die Infineon AG in einen gesellschaftspolitischen Streit hinein, in dem er eine Satzungsänderung für das Thema Treuepflicht und Schadensersatzpflicht der Eigentümer vorschlägt mit dem Infineon nichts, aber auch gar nichts zu tun.
Herr Kley ist Mitglied der deutschen Corporate Governance Kommission. Dort hat er sich gegen die Transparenz der Vorstands- und Aufsichtsratsvergütung ausgesprochen, eine Regelung , die dann doch zustande kam. Bei Infineon folgt er
dieser Empfehlung nicht, obwohl er Mitglied der Kommission ist.
Bei dieser Grundeinstellung zur wettbewerbsrechtlichen Ordnung unserer Wirtschaft, gegenüber Aktionären und bei dem Missbrauch des Unternehmens für politische Anschauungen kann ich seine Kandidatur nicht unterstützen und nicht empfehlen.
2. Herr Dr. Faber, Vorstand der Allianz AG.
Herr Faber ist bei der Allianz, Dresdner Bank und Pimco USA, für das Asset
Management und die Vermögensverwaltung zuständig. Innerhalb der deutschen
Investmentbranche ist man sich generell darüber einig, dass ein Verantwortlicher
für Fondsvermögen wegen potentieller Interessenkonflikte nicht in dem Aufsichtsrat
eines börsennotierten Unternehmens vertreten sein sollte. In dem er sich zur Wahl
stellt, verstößt er gegen diesen Grundsatz.
Herr Faber hat öffentlich verkündet ( Börsenzeitung), dass die von ihm
verantworteten Investmentfonds ( in Bezug auf Deutschland), nicht auf
Hauptversammlungen teilnehmen und keine Stimmrechte vertreten. Er zieht eine
Einflussnahme auf den Vorstand hinter verschlossenen Türen vor. Damit verstößt
er gegen die Treuepflicht gegenüber Fondsaktionären, gegen die Verhaltensregeln
des Bundesverbandes der Investmentfonds und gegen das neue Investment –
Gesetz, das ab 1.1.2004 Gültigkeit hat.
Aus diesen Gründen kann nicht erwartet werden, dass er im Aufsichtsrat die
Interessen der Aktionäre vertreten wird.
Darüber hinaus ist Frau Dr. Köcher, die ebenfalls heute zur Wahl vorgeschlagen
wird, gleichzeitig Aufsichtsrat bei der Allianz und damit Aufsichtsperson von Herrn
Dr. Faber. Dies könnte die Unabhängigkeit von Dr. Faber einschränken.
3. Dr. Jentzsch, Mitglied des Vorstands der HypoVereinsbank, ist in einer
potentiell abhängigen Position gegenüber Herrn Kley, da dieser
Aufsichtsratsmitglied der HypoVereinsbank ist und damit Aufsicht über Herrn Dr.
Jentzsch führt.
4. Frau Prof. Köcher ist AR Mitglied bei der BASF AG, der gleichen Gesellschaft in der Herr Kley AR Mitglied ist. Sie ist ebenfalls Mitglied im Aufsichtsrat der Allianz und beaufsichtigt damit Herrn Faber. Herrn Dr. Diekmann, Vorsitzender des Vorstands der Allianz AG ist gleichzeitig Vorstandskollege von Dr. Faber und Aufsichtsratskollege von Herrn Kley und Frau Köcher bei der BASF AG.
Es ist weiterhin nicht ersichtlich, wie man mit der Erfahrung eines Demoskopie Instituts ein Hochtechnologieunternehmen, dass im wesentlichen die Industrie beliefert, fachlich beraten und beaufsichtigen kann.
5. Herr Dr. Sünner ist Justitiar der BASF AG und ehemaliger Mitarbeiter von Herrn Kley, der bei dieser Gesellschaft Vorstand war. Auch bestehen möglicherweise noch Verbindungen zwischen Herrn Kley als Vorsitzendem des Prüfungsausschusses des AR und Herrn Sünner als dem Justitiar der BASF. Auch hier liegt eine Abhängigkeit vor.
Darüber hinaus trägt Herr Dr. Sünner als Justitiar Mitverantwortung dafür, dass bei BASF auch nach Aufdeckung einer Kartellbeteiligung in USA und anderen Staaten der Welt dieses Kartell in Europa noch fortgesetzt wurde.
TOP 6: Beherrschungs- und Ergebnisabführungsvertrag
Dem Vertrag mit einer 100% Tochtergesellschaft kann zugestimmt werden.
TOP 7: Satzungsänderung
Nachdem die Verwaltungsorgane Vorstand und Aufsichtsrat alle Vorschläge der abgelehnt haben, die der Corporate Governance Kodex, die Aktionäre und auch die Öffentlichkeit Ihnen nahegelegt haben, schlagen sie jetzt der Hauptversammlung vor, dass die Eigentümer des Unternehmens in der Satzung sich zu einem Wohlverhalten gegenüber den Organen Vorstand und Aufsichtsrat und zu einem Schadensersatz- risiko bei der Stimmrechtsausübung verpflichten sollen.
Ein Vorstand, der untereinander streitet, der gegen Kartellgesetze verstößt, der ein Buchkapital von 2 Mrd. € der Gesellschaft in 2001, 2002 und 2003 vernichtet hat, von den Börsenverlusten der Aktionäre ganz zu schweigen,
Ein Aufsichtsrat, der darauf verharrt, ohne Gegenleistung mit den Aktienoptionen das Kapital der Aktionäre zu verschenken, der die Mitwirkungsrechte der Aufsichtsratsmitglieder bei der Festlegung von Vorstandsbezügen ausschaltet, der die Offenlegung der Bezüge aller Organe den Eigentümern vorenthält
hat meiner Ansicht nach keine moralische Berechtigung mit dem Instrument einer Schadensersatzdrohung eine kritische Stimmrechtswahrnehmung und damit eine Selbstbeschränkung der Aktionäre bei Maßnahmen gegen Vorstand und Aufsichtsrat einzufordern. Vielleicht hat man Angst, dass bei den schlechten Leistungen für die Eigentümer und Gesetzesverletzungen, diese Ihnen an den Kragen wollen. Mit anderen Worten, man will einen Selbstschutz aufbauen. Darauf sollten wir als Aktionäre nicht eingehen. Es gibt wenig rechtliche Möglichkeiten, wie man als Aktionär gegen schlechte Vorstände und Aufsichtsräte vorgehen kann. Diese sollten wir uns nicht noch weiter aus der Hand nehmen lassen.
Aber auch sachlich ist der Vorschlag unplausibel und wahrscheinlich nur politisch begründet. Eine Satzung beschreibt den Unternehmenszweck, seine Organe und deren Aufgaben und das formale Procedere in einer Gesellschaft. Sie werden in keiner Satzung Vorschriften über persönliche Verhaltensweisen finden. Das geforderte Treueverhalten, Bestimmungen zum Fehlverhalten und deren Folgen für alle 3 Organe einer Aktiengesellschaft finden Sie im Aktiengesetz und anderen Gesetzen. Von der Rechtssystematik her gehört der Vorschlag nicht in eine Satzung.
Die Treueverpflichtung der Aktionäre ist bereits an anderer Stelle in Gesetzen geregelt und es gibt auch schon Rechtsprechung dazu. ( Vgl. Girmes- Urteil, BGH 1995) Es besteht also überhaupt kein Handlungsbedarf für Aktionäre von börsennotierten Gesellschaft, und erst Recht nicht bei Infineon. Im Gegenteil, ich finde es befremdlich, bei einer Gesellschaft, bei der seit ihrem Bestehen als AG die Aktionäre keinen Anlass gegeben haben, an Ihrer Treue zum Unternehmen zu zweifeln, mit dem gezeigten Misstrauen zu begegnen. Immerhin wurden 2 Mrd. € Buchkapital der Eigentümer versenkt. Eher müsste man von Aufsichtsrat und Vorstand einen Treueschwur gegenüber den Eigentümern der Gesellschaft verlangen. Immerhin dürfen Vorstände heute noch außerhalb einer ad hoc Meldung den Kapitalmarkt belügen, ohne dafür persönlich haften zu müssen. Ein entsprechender Kabinettsvorschlag, der dies neu regeln würde, wurde im November 2004 wieder vom Tisch genommen wurde.
Die Emotionen, die hinter dem Vorschlag der Verwaltung zur Satzungsänderung stehen, soweit sie die Vorgänge bei Karstadt betreffen, kann man verstehen und sie auch teilen. Es gibt in Deutschland ca. 10 private Personen, zeitweise mehr zeitweise weniger, die namentlich bekannt sind, da sie immer wieder mit der gleichen Methode auftauchen, und mit Anfechtungen von HV Beschlüssen ein sinnvolles oder notwendiges Handeln zeitlich verzögern. Mit diesem Widerstand erpressen sie die Unternehmensleitung. Aus Zeitnot gehen viele Unternehmen darauf ein. Das sind keine normalen Aktionäre. Das sind ca. 10 Personen von knapp 5 Millionen privaten Aktionären in Deutschland. Wegen dieser 10 Hanseln kann man nicht die Satzung von Infineon und aller börsennotierten Aktiengesellschaften ändern.
Dies ist auch gar nicht nötig. Der Gesetzgeber hat in einem neuen Gesetz namens UMAG ( Gesetz zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts) geregelt, das in 2005 Gültigkeit erlangen wird, dass ein HV Beschluss nach richterlicher Prüfung auch bei einer Anfechtung eingetragen werden kann. Auch ein Antrag auf Schadensersatz gegen die Organe einer Gesellschaft unterliegt dann einer richterlichen Vorprüfung. Hier wird nicht nur ein Schutz gegen missbräuchlich agierende Einzelaktionäre sondern auch ein Schutz für Vorstände und Aufsichtsräte geschaffen; eine Privilegierung, die andere Bürger des Landes nicht haben.
Dieser TOP ist ganz eindeutig abzulehnen.
Das endgültige Abstimmungsverhalten wird auf der Hauptversammlung festgelegt.
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