Stellungnahme der SdK zur Abspaltung von LANXESS vom Bayer-Konzern
(Zur außerordentlichen Hauptversammlung der Bayer AG am 17. 11. 2004)
Die Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) stimmt der Entscheidung der Bayer-Verwaltung zu, die Chemie- sowie einen Teil der Polymeraktivitäten des Bayer-Konzerns in die neu geschaffene Gesellschaft LANXESS auszugliedern und deren Aktien den Bayer-Aktionären zuzuteilen.
Nachdem bereits auf der letzten ordentlichen Hauptversammlung die grundsätzliche Entscheidung zur Ausgliederung getroffen worden ist, setzt Bayer damit den Weg zu einer deutlichen Profilierung mit seiner Drei-Säulen-Strategie fort.
1. Der Geschäftserfolg und somit auch die Aktie des „neuen“ Bayer-Konzerns werden voraussichtlich von der klareren Struktur profitieren – auch wenn Bayer neben den sog. Life Sciences (Healthcare und CropScience) noch die MaterialScience umfasst und somit immer noch einen gewissen Konglomeratscharakter aufweist.
Wichtig ist jedoch, dass Bayer seinen Börsenwert nachhaltig steigert. Andernfalls könnte die Gefahr entstehen, in absehbarer Zeit Übernahmeobjekt zu werden. Denn nach dem Herauslösen der vergleichsweise renditeschwachen, unattraktiven und schwierigen Chemiegeschäfte durch LANXESS ist zugleich eine immanente „Poison Pill“ gegen Übernahmen entfernt worden. Das Schicksal von Hoechst, das vor fünf Jahren eine Fusion mit Rhône-Poulenc zu Aventis feierte, aber nun mit der Übernahme durch Sanofi endgültig verschwunden ist, sollte als Menetekel und zur Warnung dienen.
2. Dass die Aktien im Verhältnis 10 (alte Bayer-Aktien) zu 1 (LANXESS- Aktie) ausgegeben werden, ist rechtlich und formal nicht zu beanstanden. Das Aufteilungsverhältnis ist bei einer echten Abspaltung wie hier aus Aktionärssicht ohne Bedeutung, da die bisherigen Aktionäre auch weiterhin die Eigentümer aller wirtschaftlichen Bestandteile des Konzerns bleiben, allerdings nun in einer neu gegliederten Form.
3. Unter wirtschaftlichem Aspekt jedoch bedürfen die Struktur, die Aktivitäten und damit die zu erwartende künftige Entwicklung von LANXESS kritischer Nachfragen.
Ausgangspunkt ist die Überlegung, dass die Anteile von LANXESS den Bayer-Aktionären wohl nur deshalb zugeteilt werden - anstelle eines Direktverkaufs an einen Investor oder eines Angebots über die Börse -, weil sich offenbar für die LANXESS-Geschäfte keine Kaufinteressenten gefunden haben und weil es auch an der Börse wohl nicht genug Anleger geben würde, die es Bayer ermöglichen würden, sich vollkommen von diesen „ungeliebten“ Bereichen zu trennen.
4. Diese Geschäfte werden zwar in vier Segmenten mit insgesamt 17 Business Units dargestellt. Dennoch erscheinen sie als ein Sammelsurium von Produkten, zu deren Charakteristika gemäß eigener Darstellung im Gemeinsamen Spaltungsbericht (S. 97) folgendes gehört:
- höherer Grad an Marktreife,
- niedrigere Markteintrittsbarrieren und Wachstumsraten
- sowie tendenziell geringere Margen.
Es ist deutlich, dass sie sich durchweg in hartem Wettbewerb befinden, zumal zu den für die 17 Produktbereiche genannten Wettbewerbern eine Vielzahl von bedeutenden, weltweit agierenden Chemieunternehmen (wie BASF, Dow Chemical, DSM u. a.) gehören.
5. Auf der Hauptversammlung sollten daher u. a. Details über die künftige Geschäftsstrategie für LANXESS berichtet werden – z. B. folgende Punkte:
- In welchen Bereichen liegen besondere Risiken?
- Wo besteht besonderer Investitionsbedarf?
- Wo besteht die Notwendigkeit zu Akquisitionen oder Kooperationen?
- Wo will oder muss man eher desinvestieren?
- Wie ist die künftige Gewichtung von Inlands- und Auslandsgeschäft?
Ebenso ist nach den zu erwartenden Verlusten von Synergievorteilen aus dem bisherigen Verbund mit den anderen Bayer-Aktivitäten zu fragen.
Da das Management (der Vorstand) von LANXESS bereits seit einiger Zeit für die LANXESS-Geschäfte zuständig ist, sollten Antworten darauf möglich sein.
6. Weitere Fragen gelten der für Anfang des Jahres 2005 beabsichtigten Börseneinführung der LANXESS-Aktien:
Bestehen Chancen auf Aufnahme in den MDAX bzw. andere Indizes?
Wie lässt sich verhindern, dass etwa Institutionelle Investoren, die keine LANXESS-Aktien halten dürfen oder wollen, diese in der Startphase kursdrückend auf den Markt bringen?
Kann der Vorstand eventuell entsprechende Absprachen erreichen?
7. Zu begrüßen ist, dass LANXESS beim Rating einen Investmentgrade (BBB) erhalten hat. Dazu beigetragen hat sicher auch die von Bayer gezeichnete Wandelanleihe über 200 Mio. Euro. Damit ist eine wichtige Voraussetzung für externe Finanzierungsmöglichkeiten gegeben – insbesondere angesichts eines derzeit sehr bescheidenen Free Cash Flows.
Zu wünschen ist, dass es LANXESS, das nach dem Muster der seinerzeit von Hoechst abgespaltenen Celanese AG geschaffen wurde, ebenfalls gelingt, den Börsenanfangskurs innerhalb von 4 ½ Jahren zu verdoppeln – ob dies allerdings wie bei Celanese erst im Zuge einer Übernahme geschehen sollte, ist eine andere Frage.
gez. Reinhild Keitel
(Mitglied des Vorstands der SdK)
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