Hauptversammlung der Wirecard AG am 18.06.09. Voraussichtliches Abstimmungsverhalten der SdK Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger e.V.
TOP 1
Vorlage des festgestellten Jahresabschlusses, des gebilligten Konzernabschlusses, der Lageberichte für die Gesellschaft und den Konzern, des erläuternden Berichtes des Vorstands zu den Angaben nach §§ 289 Absatz 4, 315 Absatz 4 des Handelsgesetzbuchs sowie des Berichts des Aufsichtsrats, jeweils für das Geschäftsjahr 2008
Keine Abstimmung erforderlich.
TOP 2
Beschlussfassung über die Verwendung des Bilanzgewinns
Zustimmung
Begründung:
Zwar beträgt die Ausschüttungsquote gemessen am Konzernjahresüberschuss nur mickrige 8,6%, jedoch muss berücksichtigt werden, dass die Gesellschaft fast den gesamten AG-Bilanzgewinn zuzüglich des Gewinnvortrages aus dem Vorjahr (86,54%) ausschüttet.
TOP 3
Beschlussfassung über die Entlastung der Mitglieder des Vorstandes für das
Geschäftsjahr 2008
Ablehnung
Begründung:
Ungeachtet des Vorbringens auf der vorjährigen HV, das Ausstrahlungswirkungen auch noch auf diesjährige HV hat, sprechen die reinen Relationen zwischen Konzernergebnis und AG-Ergebnis gegen eine ordnungsgemäße Geschäftsführung. Bei einer Bilanzsummenrelation von 3:1 zwischen Konzern und AG-Ebene, weist der Bilanzgewinn eine Relation von 10:1 zwischen Konzern-Ebene und AG-Ebene aus.
Der Kassenbestand von ca. € 200.000,00 auf AG-Ebene ist angesichts der Bilanzsumme als zu gering einzustufen.
Neben weiteren Punkten fällt auf, dass auch im Geschäftsbericht für 2008 kein Umsatz- und Ergebnisanteil für das Online-Gambling im Rahmen des Bereiches \"Digitale Güter\" angegeben ist; der Bereich PP & RM macht am Gesamtumsatz des Konzerns ca. 94% und am Betriebsergebnis ca. 70% aus, woran die digitalen Güter einen Anteil von fast 40% haben.
Unter der Prämisse, dass sowohl die einzelnen Segmente als auch die einzelnen Teilbereiche in den Segmenten unterschiedliche Margen haben, ist es für eine angemessene Risikoeinschätzung unabdingbar, den Ergebnisanteil zu kennen.
Überhaupt zeichnet sich der Risikobericht durch sehr allgemeine Ausführungen im Bereich der rechtlichen Risiken bei Online-Apotheken und Online-Glücksspielen aus; eine Analyse/Darstellung der Risiken nach Rechtskreisen oder Nationen unterbleibt und macht somit die Risikobeschreibung schwer nachvollziehbar und das tatsächlich bestehende Risiko nicht abschätzbar.
TOP 4
Beschlussfassung über die Entlastung der Mitglieder des Aufsichtsrates für das Geschäftsjahr 2008
Ablehnung
Begründung:
Von einer ordnungsgemäßen Überwachung des Vorstandes kann beim derzeitigen Erkenntnisstand nicht ausgegangen werden; allein die enorme Differenz zwischen Konzern- und AG-Ergebnis dokumentiert dies. Dies scheint auch kein Gegenstand in den Aufsichtsratssitzungen gewesen zu sein; zwar weist der Aufsichtsratsbericht aus, dass die Anbindung der Neuakquisitionen ein Schwerpunkt gewesen sein soll, wobei dieser Punkt als erfolgreich eingestuft wurde. Wenn allerdings eine Integration mit einem derartigen Gefälle zwischen Konzern- und AG-Ebene ein Erfolg ist, wäre es interessant zu erfahren, wann nach Auffassung des AR ein Misserfolg vorliegt.
Es entzieht sich der Kenntnis, zu welchen Ergebnissen die Sonderuntersuchung zum Geschäftsbericht 2007 durch Ernst & Young gekommen ist, allerdings ist es schwer vorstellbar, dass kein Korrekturbedarf gesehen wird. Immerhin hat sich die Verwaltung zu einer - wenn auch eher aussagelosen - Beschreibung des Risikos beim Online-Gambling-Geschäft durchgerungen.
Es kann nicht ernsthaft streitig sein, dass die in einigen Ländern geltenden restriktiven und rigorosen Verbote durchaus ein nicht zu unterschätzendes Risiko darstellen; die öffentlich geführte Diskussion, insbesondere in Deutschland, kann nicht ernsthaft am Aufsichtsrat vorbeigegangen sein.
Weniger Einsichtsfähigkeit scheint der Aufsichtsrat bei einer Veränderung der Kapitalflussrechnung im Aspekt des cash-flows aus laufender Geschäftstätigkeit zu zeigen. Zwar wird mittlerweile alternativ eine um die durchlaufenden Posten bereinigte Cash-flow-Darstellung aufgestellt, allerdings zeigt der schiere Vergleich der bereinigten Zahlen des Vorjahres, wie unsachgemäß die Einbeziehung dieser durchlaufenden Posten gemessen am Sinn und Zweck der Kapitalflussrechnung gewesen ist.
Der bereinigte cash-flow aus laufender Geschäftstätigkeit des Vorjahres reduzierte sich von ursprünglich ca. € 97,00 Mio. (unbereinigt) auf ca. € 27,5 Mio. (bereinigt).
Der Gesamteindruck ist, dass der Aufsichtsrat die Bedeutung und Verpflichtung seines Amtes (noch) nicht hinreichend erkannt und wahrgenommen hat.
TOP 5
Beschlussfassung über die Bestellung des Abschlussprüfers und des Konzernabschlussprüfers für das Geschäftsjahr 2009 sowie des Abschlussprüfers für eine prüferische Durchsicht des verkürzten Abschlusses und des Zwischenlageberichtes gemäß §§ 37w Abs. 5, 37y Nr. 2 des Wertpapierhandelsgesetzes
Ablehnung
Begründung:
Wem im Rahmen einer Prüfung nicht auffällt, dass der Bereich \"Bank\" ein eigenes Segment sein muss, über das auch gesondert im Anhang zu berichten ist und somit wohl unterstellt, dass es auch keine derartige Organisations- und Berichtsstruktur im Unternehmen gibt, kann nicht das notwendige Vertrauen für eine Abschlussprüfung genießen, dies umso mehr als nach § 317 Abs.4 AktG der Prüfer sich zu dem sog. Risikokontrollsystem zu äußern hat. Dies kann ja wohl nur positiv beurteilt werden, wenn die Risiken auch organisatorisch richtig erfasst werden, was wiederum auch eine geeignete Segmentierung voraussetzt.
Auch die mangelnde Beschreibung des Risikos bei Online-Spielen hätte dem Prüfer beim Vorjahresbericht auffallen müssen.
TOP 6
Beschlussfassung über die Schaffung eines weiteren Genehmigten Kapitals 2009/I sowie über die Änderung der Satzung
Ablehnung
Begründung:
Die jüngst zurückliegenden Akquisitionen, bei denen die Hintergründe - auch der Gesellschaftsbeteiligten - nicht vollständig aufgeklärt sind, sind nicht dazu geeignet, dem Vorstand das für eine solche Ermächtigung erforderliche Vertrauen entgegenzubringen.
Allein die Ausführungen zum Verkauf der Marielle Invest lassen erhebliche Zweifel aufkommen:
Diese Gesellschaft hat im Vorjahr einen Gewinn in Höhe von ca. € 2.8 Mio. und Geschäftswerte von ca. € 3,00 Mio. ausgewiesen; der Verkaufspreis selbst lag bei € 8,00 Tausend.
TOP 7
Beschlussfassung über die Ermächtigung zum Erwerb und zur Verwendung eigener Aktien gemäß § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG
Ablehnung
Begründung:
vgl. Begründung TOP 6
TOP 8
Beschlussfassung über die Änderung von § 17 der Satzung
Noch offen
Begründung:
Ist maßgeblich davon abhängig, was die Satzung gegenwärtig regelt und ob die Änderung einen Vorteil für die Aktionäre begründet.
Die Begründung im Hinblick auf das ARUG ist unzureichend, da zum einen das ARUG noch nicht in Kraft ist zum anderen aber auch nicht ausgeführt wird, was sich denn durch das ARUG bei dessen Inkrafttreten im Vergleich zur bisherigen Rechtslage ändert.
TOP 9
Beschlussfassung über die Änderung von § 18 der Satzung
Ablehnung
Begründung:
Die Regelung ist viel zu weitgehend; für die unter § 135 AktG fallenden Vertreter kann für die Erteilung der Vollmacht keine Form vorgeschrieben werden. Unter Berücksichtigung eines Dokumentationsinteresses der Gesellschaft ist die Erteilung in Textform, wobei freiwillig auch eine schärfere als die Textform gewählt werden kann (Schriftform, Telefax) vollkommen ausreichend. Dies korrespondiert im übrigen auch mit den zwingenden Maximalanforderungen in § 123 Abs. 3 Satz 2 AktG über den Nachweis der Berechtigung zur Teilnahme und zur Stimmrechtsausübung, der durch Satzung nicht verändert, insbesondere nicht verschärft werden kann.
TOP 10
Beschlussfassung über die Änderung von § 20 der Satzung
Ablehnung
Begründung:
Mit einer derartigen Satzungsänderung brechen zugunsten der Verwaltung alle Dämme der effektiven Kontrolle und Überzeugung bei besonders wichtigen Maßnahmen, insbesondere Kapitalerhöhungen gegen Einlagen (auch Sacheinlagen) sowie bei Kapitalerhöhungen aus Gesellschaftsmitteln. Fehlt die für eine genehmigte oder bedingte Kapitalerhöhung zwingend geltende 3/4-Mehrheit, besteht zumindest die Versuchung auf die Kapitalerhöhung gegen Einlagen auszuweichen. Das Gesetz hat ohnehin qualifizierte Mehrheiten in besonders bedeutenden Fällen, wie bei Kapitalmaßnahmen, normiert, gerade um \"Zufallsbeschlüsse\" in Abhängigkeit der Präsenz zu vermeiden; dabei sollte es auch verbleiben, da auch die Verwaltung keinerlei Begründung für diese Beschlussvorlage angegeben hat.
Das endgültige Abstimmungsverhalten wird auf der Hauptversammlung festgelegt.
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