Hauptversammlung der Siemens AG am 24.01.2008 in München
Voraussichtliches Abstimmungsverhalten der SdK Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger e.V.
TOP 3
Verwendung des Bilanzgewinnes
Die vorgeschlagene Ausschüttung von 1,65 € je Aktie entspricht ca. 40 % des ausgewiesenen Konzernjahresüberschusses. Der Vorschlag liegt damit am unteren Rand des Anspruchs der SdK für reife Unternehmen. Unter dem Aspekt der hervorragenden Konjunktur für Kapitalgüter 2007 und weiter 2008 sowie der überhöhten Liquidität des Unternehmens erscheint der Vorschlag nicht befriedigend.
Berücksichtigt man zusätzlich, dass die Vorstandsvergütung 2007 gegenüber Vorjahr um 37 % und die Aufsichtsratsvergütung um 60 % erhöht wurde, kann die vorgeschlagene Erhöhung der Dividende für die Aktionäre von ca. 10 % nicht akzeptabel sein.
Es wird deshalb vorgeschlagen, den Beschlussvorschlag abzulehnen.
TOP 4
Entlastung der Mitglieder des Vorstands (siehe Gegenantrag) www.sdk.org )
Die SdK begrüßt die von der Verwaltung vorgeschlagene Einzelabstimmung.
Siemens ist leider im letzten Jahr primär durch die Berichterstattung über die Korruptionsfälle aufgefallen. Wie hoch der Schaden genau sein wird, ist noch nicht absehbar. Aktuell wird ein Schaden von annähernd 1,4 Milliarden Euro genannt.
Zwar ist aktuell noch nicht bekannt, wer innerhalb des Vorstands welche Verantwortung für dieses Korruptionssystem hat, doch ist es aus der Sicht der SdK undenkbar, dass der Vorstand im Hinblick auf die Bekämpfung der Korruption hinreichend seinen Pflichten nachgekommen ist. Offensichtlich reichte das installierte System zur Korruptionsbekämpfung, sofern es denn ein solches überhaupt gegeben haben sollte, nicht aus, um die Korruption, die ja ein beträchtliches Ausmaß angenommen hat, zu verhindern.
Die SdK kann den Vorständen, die schon lange dem Gremium angehören, daher das Vertrauen nicht aussprechen. Sie wird diesen Vorständen die Entlastung verweigern.
Im Hinblick auf die Herren Löscher, Dr. Hiesinger und Kaeser sieht die SdK keine Verantwortung für die Vorgänge in der Vergangenheit. Ihnen gewährt sie Entlastung.
In keiner Weise ist für die SdK nachvollziehbar, wieso die Entlastung von Herrn Prof. Feldmayer nur vertagt werden soll. Die Vorwürfe, die gegen ihn erhoben wurden, haben eine derartige Massivität, dass seine Amtsführung 2006/07 keinesfalls gebilligt werden kann.
Die SdK wird daher gegen die Vertagung stimmen.
TOP 5
Entlastung der Mitglieder des Aufsichtsrats
Die SdK begrüßt die von der Verwaltung vorgeschlagene Einzelabstimmung.
Zunächst ist festzustellen, dass alle Mitglieder des Aufsichtsrats, mit Ausnahme der neuen Mitglieder, die erst 2007 in den AR eingetreten sind, bei der Überwachung der Geschäftsführung des Vorstands versagt haben. Einmal wurden in den Medien seit 1999 in unregelmäßigen Abständen Ländergesellschaften von Siemens genannt, die wegen Korruption angeklagt bzw. verurteilt wurden. Deshalb hätte jeder Aufsichtsrat das Thema zur Sprache bringen und Untersuchungen veranlassen können.
Besonders schwer trifft die Schuld an den Belastungen des Unternehmens Herrn von Pierer, der 1999 als Vorstandsvorsitzender trotz Gesetzesänderung in 34 Ländern (einschl. Deutschland) sowie der Verpflichtung gegenüber der SEC
(2001) keine Veränderung bezüglich des Korruptionsverhaltens im Unternehmen bewirkt hat, und der als späterer Aufsichtsratsvorsitzender und Mitglied des Prüfungsausschusses die ihm bekannte Korruptionssystematik verschwiegen hat.
Der Aufsichtsrat hat nach dem Bekanntwerden der Korruptionssystematik, soweit bekannt, keinen speziellen Auftrag an die zur Zeit tätigen Prüfer erteilt, ein Verschulden der Vorstandsmitglieder als Voraussetzung von eventuellen Schadensersatzklagen zu prüfen. Weiterhin hat er im Berichtsjahr keine Schritte unternommen, die aufgrund von Korruption und Kartellbildung ungesetzlichen und damit ungerechtfertigten variablen Vergütungen von Vorständen und anderen beteiligten Personen zurückzuverlangen.
Ebenfalls nicht im Interesse der Aktionäre ist es, wenn der Aufsichtsrat für sich selbst Vergütungssysteme ausdenkt und praktiziert, die zu Einkommensverbesserungen in Höhe von 60 % ausgerechnet in einem Jahr führen, in dem skandalöse Verfehlungen des Aufsichtsrats bekannt werden.
Insgesamt wird nachdrücklich empfohlen, die überbezahlten, ihre Aufgaben nicht im Interesse der Aktionäre ausübenden Mitglieder des Aufsichtsrats, mit Ausnahme der Neuzugänge 2007, nicht zu entlasten.
Diesbezüglich wird zudem auf unseren Gegenantrag verwiesen. www.sdk.org )
TOP 6
Bestellung des Abschlussprüfers
Die SdK hat bereits bei der Hauptversammlung im Januar 2007 wegen deren Rolle bei der internen Kontrolle bei Siemens gegen die Wahl der KPMG gestimmt und den Vorstand aufgefordert, für die HV 2008 einen anderen Abschlussprüfer vorzuschlagen. Wenn der Aufsichtsrat zu lange mit der Einleitung einer Suche nach einem neuen Abschlussprüfer gezögert hat, und nunmehr aus Zeitgründen keinen neuen Abschlussprüfer präsentieren kann, hat er dies selbst zu vertreten.
Die SdK empfiehlt, diesen Beschlussvorschlag abzulehnen.
TOP 7
Ermächtigung zum Erwerb eigener Aktien
Die SdK stimmt diesem Tagesordnungspunkt grundsätzlich zu. Sie ist der Meinung, dass das Kapital, das von der Gesellschaft nicht benötigt wird, den Aktionären zurückzuzahlen ist. Dazu ist ein Aktienrückkauf grundsätzlich geeignet. Problematisch ist jedoch, wenn die Vergütung von Vorstand und Aufsichtsrat an dem Ergebnis pro Aktie ausgerichtet ist, denn in diesem Fall führt ein Rückkauf eigener Aktien automatisch zu einer Erhöhung der Organbezüge. Eine variable Vergütung ist nur dann angemessen, wenn ihr eine unternehmerische Leistung zugrunde liegt. Eine einfache Finanztransaktion, wie der Rückkauf von Aktien, sehen wir nicht als Leistung an.
Gerade bei Siemens wurden Aktienoptionsprogramme im großen Stil genutzt, um Vermögen der Aktionäre auf Organmitglieder umzuleiten, ohne das Unternehmen in den vergangenen Jahren nachhaltig voranzubringen. Das Unternehmen ist geschrumpft, der Umsatz wesentlich niedriger als zu Beginn des Jahrhunderts und das Eigenkapital hat im Sept. 2007 gerade einmal wieder 28 Milliarden Euro erreicht.
Deshalb hat die SdK grundsätzlich Bedenken, bei Siemens aktuelle Aktienoptionsprogramme durch den Rückkauf eigener Aktien zu bedienen.
Da aber die Alternative wäre, das Kapital zu erhöhen, was im Endeffekt genauso negativ für die Aktionäre wäre, stimmt die SdK dem Beschlussvorschlag zu.
Sie wird jedoch von den Organen verlangen, dass sichergestellt ist, dass die Einziehung der Aktien nicht zur Erhöhung der Vergütung der Organe führt.
Wird dieser Forderung nicht entsprochen, wird die SdK dem Antrag nicht zustimmen.
TOP 8
Erwerb eigener Aktien mit Eigenkapitalderivaten
Die SdK ist grundsätzlich dagegen, dass derivative Elemente zum Rückkauf eigener Aktien eingesetzt werden. Der Vorstand soll nicht auf fallende Kurse der Aktien spekulieren können. Aus diesem Grund lehnt die SdK den Beschlussvorschlag ab.
TOP 9
Neuwahlen zum Aufsichtsrat
Wir begrüßen zunächst, dass es bei Siemens einen Nominierungsausschuss gibt.
In dem Nominierungsausschuss sind die Herren Cromme, Ackermann und Schulte-Noelle vertreten. Bedauerlicherweise stellt sich ein Teil der Herren selbst zur Wahl, was ein gewisses Unbehagen auslöst.
Die SdK ist der Auffassung, dass dem Nominierungsausschuss grundsätzlich nur der Aufsichtsratsvorsitzende angehören sollte und die anderen Mitglieder desselben sich nicht selbst zur Wahl vorgeschlagen sollten. Dies sollte zukünftig beachtet werden.
Zwar erteilt die SdK den Herren Cromme, Ackermann und Lord Vallance of Tummel für das vergangene Geschäftsjahr nicht die Entlastung, so dass es naheliegt, sie auch nicht wiederzuwählen. Andererseits sind es wohl insbesondere die Herren Ackermann und Cromme, die für die Neuausrichtung des Konzerns verantwortlich sind.
Aus der Sicht der SdK erscheint Siemens aktuell, insbesondere was die Korruptionsbekämpfung betrifft, auf dem richtigen Weg zu sein. Dieser Weg sollte fortgesetzt werden. Hierzu erscheint eine gewisse Kontinuität nicht von Nachteil.
Daher stimmt die SdK der Wahl von Herrn Cromme in den Aufsichtsrat zu, auch wenn gewisse Bedenken bestehen, dass dieser bereits zu viele Mandate hat. Sie regt daher an, dass er ein Mandat abgibt.
Aus dem gleichen Grund wie oben erwähnt stimmt die SdK auch für die Wiederwahl der Herren Ackermann und Lord Vallance of Tummel.
Wir empfehlen, die Herren Gaul und Beffa nicht in den Aufsichtsrat zu wählen, weil diese bereits zu viele Mandate haben und die Aufgabe bei Siemens für den Aufsichtsrat aktuell sehr viel Zeit in Anspruch nehmen dürfte.
Die anderen Kandidaten, von Brandenstein, Gruss, Leibinger-Kammüller und Samuelsson empfehlen wir zur Wahl.
Das endgültige Abstimmungsverhalten wird auf der Hauptversammlung festgelegt.
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