Hauptversammlung der Siemens AG a, 26.01.2006 in München
Voraussichtliches Abstimmungsverhalten der SdK Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger e.V.
TOP 1: Vorlage des Berichts des Aufsichtsrats, des Corporate Governance- und des Vergütungsberichts zum Geschäftsjahr 2004/2005
Keine Abstimmung erforderlich.
TOP 2: Vorlage des festgestellten Jahresabschlusses und Konzernabschlusses sowie der Lageberichte für die Siemens Aktiengesellschaft und den Konzern zum 30. September 2005
Keine Abstimmung erforderlich.
TOP 3: Beschlussfassung über die Ausschüttung einer Dividende
Dem vorgelegten Beschluss, € 1,35 je Aktie auszuschütten, wird zugestimmt.
Die Ausschüttung übersteigt 50 % des Konzernjahresüberschusses. Zusammen mit den erhöhten, ungedeckten Pensionsverbindlichkeiten, die das Eigenkapital belasten, steigt damit das gesamte Eigenkapital in 2005 nur geringfügig.
TOP 4: Beschlussfassung über die Entlastung der Mitglieder des Vorstands
Der Vorstand wird aus folgenden Gründen nicht entlastet:
- Der Konzernjahresüberschuss von 2,2 Mrd. € ist der niedrigste seit 5 Jahren, wenn man berücksichtigt, dass vor 2003 die jährliche planmäßige Abschreibung von Firmengoodwill in der Größenordnung von ca. 0,5 Mrd. lag. Obwohl die Weltwirtschaft im Berichtsjahr ansprechend wuchs, verharrte der Umsatz von Siemens in 2005 mit 75,4 Mrd. € praktisch in der gleichen Größenordnung wie in 2004 mit 75,2 (Vg. Geschäftsbericht 2004) und 2003 mit 74,2 Mio. € (Vgl. Geschäftsbericht für 2003). In diesen Zahlen ist in den Jahren 2003 und 2004 das Handygeschäft noch enthalten. In 2005 wurde der Umsatzverlust aus der Abgabe des Handygeschäfts durch Akquisitionen ausgeglichen. Dem Vorstand gelingt es also nicht, nennenswertes internes Wachstum zu schaffen
- Die Kursentwicklung der Siemens-Aktie blieb im vergangenen Jahr ca. 20 % hinter der DAX-Entwicklung zurück. In den letzten 2,5 Jahren schwankte die Aktie zwischen 55 und 65 € ohne besondere Wachstumsimpulse. Es wird deutlich, dass der Kapitalmarkt die seit 1998 praktizierte Ankündigungspolitik mit mehrmaliger Verschiebung der Ergebnisziele für die Bereiche, letztmals in 2005 auf 2007, nicht mehr akzeptiert. Der Vorstand scheut vor einer tiefgreifenden Reorganisation zurück, die allein die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens erhöhen könnte. Aufgrund schwacher Ergebnisse und geringen Wachstums scheint das Interesse institutioneller Investoren an der Aktie gering zu sein.
- Trotz Investitionen in Milliardenhöhe in die Entwicklung, Produktion und Vertrieb des Handy-Geschäftes und eines weltweit stürmischen Wachstums dieser Branche zeigte sich Siemens im letzten Geschäftsjahr endgültig als nicht wettbewerbsfähig. Der Vorstand konnte das Geschäft auch nicht annähernd attraktiv machen, sondern musste noch einen dreistelligen Millionenbetrag hinzuzahlen, um es abgeben zu können. Diese Wertvernichtung können die Aktionäre nicht noch mit einer Entlastung des Vorstands billigen.
- Seit 2001 kämpft der heutige Geschäftsbereich „Com“ mit den Veränderungen des Telekommunikationsmarktes. Mit Entlassungen wurde die Kapazität reduziert. Bis heute fehlt jedoch ein strategisches Konzept wie das Unternehmen in diesem seinem historischen Kerngeschäft wieder steigende Gewinne erzielen kann.
- Gleiches gilt auch für den Bereich SBS. Die Abgabe des Teilbereichs Computerwartung an die Tochtergesellschaft Fujitsu-Siemens ersetzt nicht die Vorlage einer strategischen Konzeptes für den Gesamtbereich.
TOP 5: Beschlussfassung über die Entlastung des Aufsichtsrats
Der Aufsichtsrat wird aus folgenden Gründen nicht entlastet:
- Der Aufsichtsrat hat versäumt, dass unter seiner Aufsicht ein Konzept zur Ertragsverbesserung des Unternehmens im allgemeinen und zu einem ertragreichen Wachstum der Bereiche Com, SBS und L&A im besonderen entwickelt und tatkräftig umgesetzt wurde.
- Obwohl sich die Ergebnisse und das Eigenkapital des Unternehmens, mit Ausnahme des Jahres 2004, kaum entwickelt haben und damit die Gleichung Aktienverwässerung gegen höhere Leistung nicht funktionierte, hat der Aufsichtsrat zu Lasten der Eigentümer des Unternehmens Belegschaftsaktien (bisher mehr als 10 % des Kapitals der Gesellschaft), mindestens 28,6 Mio. Stück Aktienoptionen, Stand 30.9.2005; ohne bereits ausgeübte Optionen), und 1,4 Mio. Stück Aktiengrants an Mitarbeiter und Vorstände verteilt. Für die entstandenen Aufwendungen der letzten Jahre wie in 2005 wurde in der G&V-Rechnung nicht Rechenschaft abgelegt, sondern eine Verschiebung bis 2007 bewilligt.
Für das vergleichsweise schlechte Ergebnis in 2005 hat der Aufsichtsrat den Vorstand mit einer Steigerung der aktienbasierten Vergütung von 296 270 auf 315 495 Stück bzw. von 6,6 auf 7,1 Mio. € belohnt. Die Steigerung der aktienbasierten Vergütung in Stücken und in Wert gerechnet ist bei dem schlechten Jahresergebnis nicht nachvollziehbar.
- Trotz eines gesunkenen Jahresergebnisses und trotz der schon peinlichen Wertvernichtung im Handygeschäft hat der Aufsichtsrat den Maßstab (Definition des GWB) für die variable Vergütung des Vorstands in einer Weise verändert, die zu einer vergleichsweisen höheren Vergütung führt als dies bei Beibehaltung des alten Maßstabs der Fall gewesen wäre. Eine Verwässerung der Erfolgsmaßstabs bei ausbleibendem Erfolg entspricht nicht einer Aufsichtsfunktion im Interesse der Aktionäre. Die Leistung des Vorstands und seine Vergütung durch den Aufsichtsrat stehen nicht mehr in angemessener Relation.
- Der Aufsichtsrat hat auf Vorstandsebene keine personellen Konsequenzen aus der Wertvernichtung im Handygeschäft gezogen. Die für dieses Desaster verantwortlichen Personen sind weiter im Vorstand tätig.
TOP 6: Beschlussfassung über die Bestellung des Abschlussprüfers
Der Bestellung der KPMG zum Abschlussprüfer wird zugestimmt.
Da die KPMG aber das Unternehmen schon seit Jahrzehnten prüft, ist nach allgemeiner menschlicher Erfahrung davon auszugehen, dass die entstandenen Beziehungen die Unabhängigkeit des Prüfers beeinträchtigen können. Auch wenn die Bestellung eines neuen Abschlussprüfers von einem hohem Arbeitsaufwand der beteiligten Personen begleitet sein wird, sollte das Unternehmen dies im Interesse der Glaubwürdigkeit der Zahlen für den Kapitalmarkt in Angriff nehmen.
TOP 7: Beschlussfassung zum Erwerb und Verwendung eigener Aktien und Ausschluss des Bezugsrechts
Dieser Beschlussfassung wird nicht zugestimmt.
Wie in den Vorjahren auch hat der Vorstand nicht bekannt gemacht, dass er Aktien erwerben und einziehen will. Stattdessen sollen, in Verbindung mit TOP 8 (3) b, die erworbenen Aktien zur Bedienung von Aktienoptionsplänen verwendet werden.
Das Unternehmen kauft seit 1999 eigene Aktien und stellt sie den Mitarbeitern und Vorständen über Belegschaftsaktien, Aktienoptionen oder Aktiengrants zur Verfügung. Wie unter TOP 5 ausgeführt, hat dies nicht zu erhöhter Leistung geführt.
Auch ist inzwischen allgemein akzeptiert, dass Aktienkursveränderungen nur in seltenen Fällen tatsächlich die Leistung wiederspiegeln. Da die Verwässerung der Aktienposition der Aktionäre über Optionen und „grants“ nicht zu dem gewünschten Ergebnis geführt hat, sollten konsequenterweise Vergütungsinstrumente, die auf Aktien basieren, eingestellt werden.
TOP 8: Beschlussfassung zur Schaffung eines genehmigten Kapitals
Wie auch TOP 7 befasst sich TOP 8 mit der Schaffung der rechtlichen Grundlagen für eine aktienbasierte variable Vergütung von Mitarbeitern und Vorständen.
Da die aktiengebundene Vergütung sich für die Aktionäre nicht ausgezahlt hat, ist wie TOP 7 auch dieser Vorschlag zur Beschlussfassung abzulehnen.
TOP 9: Beschlussfassung über Satzungsänderungen
Dieser Beschlussvorschlag des Vorstands wird abgelehnt.
Das UMAG schafft die rechtliche Möglichkeit, dass die Mehrheit der Aktionäre durch eine Satzungsänderung ihre eigenen Rechte zur Rede und Fragestellung bei einer Hauptversammlung einschränken können. Dies ist also nicht gesetzlich vorgeschrieben und aus Sicht der SdK auch kein sinnvolles oder notwendiges Instrument zur Reduzierung der Hauptversammlungsdauer. Der Versammlungsleiter hat bereits jetzt das Recht, den Auftritt nicht zum Thema sprechender Redner abzubrechen, wie dies auch auf der letzten Hauptversammlung von Siemens vorgeführt wurde.
Einer Beschränkung des Fragerechts der Aktionäre bedarf es deshalb nicht.
Vgl. auch den Gegenantrag der SdK zu diesem Tagesordnungspunkt.
Das endgültige Abstimmungsverhalten wird auf der Hauptversammlung festgelegt.
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