HV der Linde AG am 28.05.2003
Voraussichtliches Abstimmungsverhalten der Schutzgemeinschaft der Kleinaktionäre e.V.
Top 2 : Verwendung des Bilanzgewinns
Bei einem Jahresüberschuß von 241 Mio. € im Konzern kann einer
Ausschüttung von ca. 135 Mio. € oder 1,13 Euro je Aktie zugestimmt werden.
Jahresüberschuß und Dividende entsprechen dem Vorjahr.
Top 3 : Entlastung des Vorstands
Das Berichtsjahr zeigte Schwächen in den 3 Geschäftsfeldern. Im Bereich Kältetechnik wurde der Übergang zu einem positiven Ergebnis nicht geschafft: im Bereich Material Handlung kam es zu einem starken Ergebnisrückgang: und im Bereich Gase und Engineering zeigten sich Performanceschwächen im Vergleich zum Hauptkonkurrenten Air Liquide.
Aufgrund des Wechsels im Vorstandsvorsitz und aufgrund der weltweit konjunkturellen Probleme wäre ein Versagen der Entlastung nicht angemessen.
Eine Entlastung ist vertretbar, sollte aber mit Aufmerksamkeit dafür verbunden sein, wie der Vorstand in Zukunft die anstehenden Probleme löst.
Top 4: Entlastung des Aufsichtsrats
Der Aufsichtsrat hat im 2. Anlauf einen Vorstandsvorsitzenden bestimmt. Damit hat er zunächst seiner wesentlichen Aufgabe genügt. Im weiteren Verlauf sollte zu erkennen sein, dass man den Vorstandsvorsitzenden bei der Lösung der langfristigen strategischen Aufgaben unterstützt.
Für das Berichtsjahr kann der Aufsichtsrat entlastet werden.
Top 5. Bestellung des Abschlussprüfers
Bei der KPMG handelt es sich trotz einiger bekannt gewordener Prüfungs- und Bewertungsskandale um eine international anerkannte WP Gesellschaft.
Da diese Gesellschaft das Unternehmen bereits über lange Jahre betreut, sollte in Hinblick auf Objektivität und Unabhängigkeit in absehbarer Zeit ein Wechsel vorbereitet und vollzogen werden.
Die KPMG kann für das laufende Jahr als Abschlussprüfer gewählt werden.
Top: 6 Ermächtigung zum Erwerb eigener Aktien
Die Ermächtigung bezieht sich auf bis zu 10 % des Grundkapitals und soll bis
zum 31.10.2004 gelten. Das Bezugsrecht der Aktionäre kann ggfls.
ausgeschlossen werden. Der Ausschluß liegt im Rahmen des gesetzlich
Zulässigen. Um dem Vorstand Flexibilität zu geben, kann diesem
Beschlussvorschlag zugestimmt werden.
Top 7 Satzungsänderungen zur Anpassung an Gesetzesänderungen und Anpassung
der Aufsichtsratsvergütung
Teil 1
Den Satzungsänderungen zur Anpassung an Gesetzesänderungen könnte
zugestimmt werden. Die SdK hält den Vorschlag zu Anpassung der AR
Vergütung nicht im Sinne der Aktionäre. Deshalb lehnt sie eine Zustimmung zu
diesem Tagesordnungspunkt ab.
Die SdK ist der Überzeugung, dass bei der Vergütung der Aufsichtsräte auf
einen fixen Betrag abzustellen ist, um eine Voraussetzung dafür zu schaffen,
dass Aufsichtsräte unabhängig von persönlichen finanziellen Überlegungen
Beurteilungen und Entscheidungen allein im Interesse der Aktionäre treffen
können, wie es das Aktiengesetz vorsieht. Die Anregung des Corporate
Governance Kodexes für eine variable Vergütung des Aufsichtsrats halten wir
für verfehlt, insbesondere dann, wenn sich die Vorschläge der Aufsichtsräte
allein auf eine Dividendenabhängigkeit konzentrieren.
Man kann aus Sicht der Sdk allenfalls an eine variable Vergütung für den
Aufsichtsrat denken, wenn man auf die Entwicklung des Jahresüberschusses
abstellt, nach Abzug einer Vorab-Kostenvergütung an die Aktionäre für die
Zurverfügungstellung von Risikokapital, so wie Mitarbeiter und
Vorstandsmitglieder vorab auch eine Vergütung für ihren Einsatz, die Arbeitszeit
bekommen.
Statt des Jahresüberschusses kann auch auf eine Mindest- oder Zielrendite auf
das Eigenkapital oder das Gesamtkapital abgestellt werden.
Eine variable Vergütung eines AR sollte als Grundvoraussetzung haben, dass in
dem Unternehmen ein durchgängiges, einheitliches, variables Vergütungssystem
von den Führungskräften, dem Vorstand bis zum Aufsichtsrat besteht, dass auf
das gleiche Ziel, nämlich im Endeffekt auf den Jahresüberschuß oder
eine Eigenkapitalrendite abstellt.
Als weitere Voraussetzung muß gewährleistet sein, dass die Rechnungslegung
korrekt und fair gegenüber den Eigentümern erfolgt, was ein entsprechendes
Verhalten des Vorstands, des Aufsichtsrats und seines Prüfungsauschusses
sowie die Unabhängigkeit des Wirtschaftsprüfers und dessen Verantwortung
gegenüber dem Kapitalmarkt voraussetzt.
Das Interesse des Aktionärs liegt primär auf wachsenden Gewinnen. Diese
schaffen die Basis für das Unternehmenswachstum aus eigener Kraft, für eine
nachhaltige Unternehmenswertsteigerung und steigende Börsenkurse.
Erst sekundär ist dann zu entscheiden, ob und wie viel des Gewinns
ausgeschüttet wird. Hier können die Interessen von Vorstand und Aktionären,
aber auch unter den Aktionären unterschiedlich sein.
Basis für eine variable Entlohnung kann aber nur eine Größe sein, die von allen
Aktionären akzeptiert wird, und das ist allein der Jahresüberschuß oder davon
abgeleitete Größen wie Eigenkapitalrendite oder Gesamtkapitalrendite.
Eine Anlehnung der variablen Vergütung des Aufsichtsrats an eine Dividende, die in Deutschland auch im allgemeinen unabhängig von der Gewinnentwicklung ist, wird deshalb abgelehnt.
Teil 2
Neu ,und auf Grund der Gewinnentwicklung bei Linde nicht akzeptabel ist, dass der AR Vorsitzende statt dem 2 –fachen, nun das Dreifache der errechneten variablen Vergütung bekommen soll.
Ebenfalls überzeugt der Wunsch nicht, dem Stellvertreter des Vorsitzenden und den Mitgliedern des Ständigen Ausschusses das Eineinhalbfache der errechneten Vergütung zu gewähren. Der zusätzliche Nutzen ist nicht klar.
Die vorgeschlagenen fixen Beträge für Mitglieder des Prüfungsausschusses sind akzeptabel, wenn der Ausschuß mit Fachleuten besetzt ist und mindestens vier Mal im Jahr tagt.
Nachteilig ist die Größe des Aufsichtsrats ( 16 Personen). Gleichzeitig ist bedenklich ist, dass die Hälfte des Aufsichtsrats aus Personen besteht, für die im Zweifel die oberste Priorität nicht das Unternehmensinteresse ist und die möglicherweise über die notwendigen Fachkenntnisse in der jeweiligen Funktion nicht verfügen. Trotzdem würden sie von einer variablen Vergütung profitieren, bzw. nach Weiterleitung die von ihnen vertretene Gewerkschaft.
Aufgrund des schlechten Unternehmensergebnisses, aufgrund der mit der Anhebung wegen der Größe des AR verbundenen Kosten, des geringen Nutzens sowie des ungerechtfertigten Streuungsgrades lehnt die SdK den Vorschlag ab.
Top 8 Neuwahlen zum Aufsichtsrat
Da die Deutsche Bank, die Commerzbank und Allianz bei Linde in Ihrer
Eigenschaft als Aktionär auftreten, ist ihre Vertretung im Aufsichtsrat zu
akzeptieren, evtl. sogar zu begrüßen. Herr Dr. Beiten, ein Vertreter der
privaten Aktionäre, und Herr Full als ehemaliger Vorstandsvorsitzender, mit
seiner Erfahrung im Unternehmen, sind beide eine wertvolle Ergänzung. Daß
die AR Vorsitzenden von Siemens, BASF und Bayer in den Aufsichtsrat
gewählt werden sollen, erhöht sicherlich den Glanz dieses Gremiums. Gerne
würde man darauf vertrauen, dass ihre Erfahrungen sich bei der Lösung der
strategischen Herausforderungen bei Linde auswirken.
Insgesamt kann man dem Vorschlag zustimmen, auch wenn es nur eine
Akklamation ist. Eine Wahl ist es ja nicht, denn man kann nicht zwischen
mehreren Kandidaten wählen. Das Vorgehen erinnert an andere
Organisationen, die man eher geringschätzig betrachtet.
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